Hallo zusammen,
da anscheinend doch ein gewisses Interesse daran besteht, hier ein Bericht zur Haltung von Pseudomugil cyanodorsalis im Freiland. Hätte ich gewusst, dass es Interesse an einem solchen Bericht gibt, hätte ich bessere Fotos gemacht . Aber vielleicht kann ich die ja im kommenden Sommer nachliefern. Hier die Geschichte meiner Blaurücken im Garten:
Die Vorgeschichte:
Im September 2016 erhielt ich von einem Aquarianerfreund aus Österreich Nachzuchten von Pseudomugil cyanodorsalis unterschiedlicher Größe. Die Elterntiere stammen meiner Information nach von einem IRG-Mitglied, das hier unter dem Nick „scheif“ unterwegs ist.Ich habe sie zunächst im Haus gehalten bei unterschiedlicher Salinität bis zu 17 PSU. Sie haben sich gut vermehrt, wenn auch immer wieder kleinere Probleme aufgetreten sind (Männchen-Überschuss, Kurzlebigkeit, winzige Geschwüre am Maul, Rückgratverkrümmung). Nachdem ich es zeitlich einfach nicht geschafft habe, sie in ein größeres Becken umzusetzen, habe ich mich auf die Erhaltung von einer Gruppe mit rund 20 Tieren beschränkt.
Pseudomugil cynodorsalis_m3.jpg
Das Freilandbecken:
Da ich seit Jahren Süß- und Meerwassertiere im Sommer im Freiland halte, wollte ich das auch mit den Blauaugen versuchen. Ich habe dafür ein 900-l-Becken verwendet, das seit Jahren im Freiland steht. Das Becken hat einen Überlauf mit seitlichem Ablauf durch eine Bohrung, der mit einem kleinen Filterbecken verbunden ist. Darin befindet sich ein Bodenfilter, auf dem eine Schicht Korallenbruch liegt, die wiederum mit einer Filterschwammmatte abgedeckt ist. Das Wasser wird mit einer kleinen 12-V-Pumpe über ein Steigrohr aus dem Bodenfilter abgesaugt und zurück in das Hauptbecken befördert. Der Überlauf im Hauptbecken wird mit einem Gitter oder einem Ablaufkorb gegen das Eindringen größerer Teile und insbesondere das Eindringen von Elterntieren geschützt. Direkt darüber wird eine blaue LED angebracht, die von einer kleinen Solarzelle mit Akkus und Dämmerungsschalter versorgt wird. Tagsüber lädt das Modul die Akkus, wird es dunkel, geht automatisch die LED an. Damit werden Jungtiere nachts zum Überlauf gelockt, über den sie dann in das Filterbecken gelangen, wo sie vor dem Zugriff der größeren Aquarienbewohner sicher sind. Vor dem Ansaugen durch die Rückförderpumpe sind die Jungtiere durch den o.g. Bodenfilteraufbau geschützt. Der Aufbau entstand eigentlich für die Zucht von Brackwassergarnelen (Palaemon varians) und Felsengarnelen (P. elegans) und funktioniert sehr gut. So konnte ich in einer Saison z.B. über 200 P. elegans aufziehen. Meiner Vorstellung nach, sollte das also auch mit den Pseudomugil cyanodorsalis klappen. Zusätzlich installierte ich einen selbst gebauten Schwamm-Innenfilter mit einer 20-W-Solarpumpe, die bei Sonnenschein durch ein 50-W-Solarmodul Strömung erzeugt. Später kam dann noch ein luftbetriebener Abschäumer dazu. Die "Deko" bestand aus totem Korallen- und Lochgestein, ein paar Wollmops und mehreren Buschen groben Filtermaterials (Eheim Fix), das gedacht war als Ablaichsubstrat und Jungfischschutz. Später wuchsen auch lange Fadenalgen. Hier der Überlaufkorb, umgeben von Eheim Fix:
WS1_2763.jpg
Die Freiland-Blauaugen:
Im Mai 2017 wagte ich es dann. Ich habe das Aquarium erst mit Leitungswasser befüllt, das ich zunächst nur leicht aufgesalzen habe.Nach ein paar Tagen setzte ich nach und nach die Fische ein. Und was soll ich sagen? Ich erkannte die Tiere nicht wieder! Sie sind (nochmals) gewachsen und zeigten Farben, wie ich sie im Kunstlicht noch nie gesehen habe. Die Vitalität war unvergleichlich. Sie balzten fast ganztägig und die Männchen imponierten in schönsten Farben mit extrem gespreizten Flossen. Vor allem im Licht der Morgensonne war das ein toller Anblick! Die Fische könne bis 5 cm hoch und 20 cm weit aus dem Wasser springen. Kam bei Sonnenschein durch die Solarpumpe Strömung auf, rotteten sich die Fische sofort zu einem Trupp zusammen und schwammen meist knapp unter der Oberfläche in Formation. Herrlich! Ganz allmählich gab ich weiteres Meersalz zu, bis schließlich die übliche Meerwasserdichte von 35 PSU erreicht war. Die Tiere zeigten keinerlei Unwohlsein, im Gegenteil kamen sie mir noch agiler vor und das blieb auch so. Auf dem folgenden Foto, das leider durch Phytoplankton stark eingetrübt ist, lässt sich verschwommen ein kleiner Schwarm erkennen:
WS1_2762.jpg
Sorgen machte mir aber anfangs die Temperatur. Ich wohne fast 500 m über NN und das ostbayerische Klima kann auch im Mai/Juni noch rau sein.Durch eine Kälteperiode fiel die Temperatur zeitweise auf 15° C und ich war mehrfach drauf und dran, die Fische wieder ins Haus zu holen. Das Tierwohl geht vor! Aber sie blieben putzmunter! Das gleiche war später bei gut 30° C der Fall, da drehten die Tiere erst richtig auf.
Die Fütterung:
Gefüttert wurde im Wesentlichen mit Artemianauplien und mit vielen Copepoden (Tigriopus californicus aus eigener Zucht). Allerhand Kleinzeug fiel sowieso in das Becken, obwohl es transparente Kunststoffabdeckungen zum Schutz gegen Regen und zur Vermeidung schneller Temperaturschwankungen hat. Gelegentlich gab es auch feines Staubfutter und aus meiner "Artemiawanne" schon etwas größere Artemien. Nachdem ich Phytoplankton – ebenfalls aus eigener Zucht – zugegeben hatte, grünte das Becken dauerhaft leicht bis stark ein und es vermehrten sich Brachionus plicatilis in Massen. Ich denke, das kam dem schließlich einsetzenden Zuchterfolg am Meisten zugute.
Die Jungfische:
Am 1. Juli entdeckte ich im Filterbecken die ersten Jungfische bei 20° C Wassertemperatur, wobei die größeren schon fast doppelt so groß waren wie die kleineren. Es muss sich also schon um unterschiedlich alte Tiere gehandelt haben. Bei genauerer Nachschau habe ich dann an der Wasseroberfläche des Hauptbeckens im planktontrüben Wasser noch eine ganze Gruppe Jungtiere entdeckt. Sie schwammen völlig frei und nicht in dem dafür vorgesehenen Eheim-Fix-Gestrüpp. Offensichtlich kommen in einem derart großen Becken (195 x 70 x 66) auch so Jungfische durch. Auch ohne besondere Fütterung hatten alle Jungtiere dicke Bäuchlein – den Rädertierchen sei Dank. Hier ein Bild von Jungfischen im Filterbecken, die weißen Pünktchen im Wasser sind Brachionus plicatilis:
WS1_2759.jpg
Das Abfischen:
Den Sommer über ging die Jungfischproduktion eigentlich recht gut weiter, wobei ich den Eindruck hatte, dass auch gewisse Pausen bei der Laichproduktion insbesondere in längeren Kälteperioden entstanden. Aber je größer die früher geborenen Jungfische wurden, desto weniger Winzlinge kamen durch. Sie wurden wohl zunehmend Opfer der älteren Geschwister. Vor allem in dem relativ beengten Filterbecken kamen ab einer gewissen Populationsdichte so gut wie keine Neuzugänge mehr durch, obwohl ich immer wieder die halbwüchsigen Fische in das Aquarium umsetzte. Allerdings kam mir die gebremste Vermehrung durchaus entgegen, denn Abnehmer für die Pseudomugil cyanodorsalis sind hier schwer zu finden und meine Überwinterungsmöglichkeiten sind begrenzt. Bei den ausgewachsenen Tieren war leider auch ein gewisser Schwund zu verzeichnen. Nachdem im September die Temperaturen insbesondere in den Nächten stark sanken, habe ich abgefischt, obwohl auch bei 15° C immer noch einzelne winzige Jungfische auftauchten. Ich konnte/musste rund 70 zum größten Teil halbwüchsige Fische ins Winterquartier verfrachten, wo sie nun verteilt auf mehrere Behälter (bei wesentlich geringerer Salinität) hoffentlich gut heranwachsen.
PC-01_01_18.jpg
Gruß
Wolfgang
da anscheinend doch ein gewisses Interesse daran besteht, hier ein Bericht zur Haltung von Pseudomugil cyanodorsalis im Freiland. Hätte ich gewusst, dass es Interesse an einem solchen Bericht gibt, hätte ich bessere Fotos gemacht . Aber vielleicht kann ich die ja im kommenden Sommer nachliefern. Hier die Geschichte meiner Blaurücken im Garten:
Die Vorgeschichte:
Im September 2016 erhielt ich von einem Aquarianerfreund aus Österreich Nachzuchten von Pseudomugil cyanodorsalis unterschiedlicher Größe. Die Elterntiere stammen meiner Information nach von einem IRG-Mitglied, das hier unter dem Nick „scheif“ unterwegs ist.Ich habe sie zunächst im Haus gehalten bei unterschiedlicher Salinität bis zu 17 PSU. Sie haben sich gut vermehrt, wenn auch immer wieder kleinere Probleme aufgetreten sind (Männchen-Überschuss, Kurzlebigkeit, winzige Geschwüre am Maul, Rückgratverkrümmung). Nachdem ich es zeitlich einfach nicht geschafft habe, sie in ein größeres Becken umzusetzen, habe ich mich auf die Erhaltung von einer Gruppe mit rund 20 Tieren beschränkt.
Pseudomugil cynodorsalis_m3.jpg
Das Freilandbecken:
Da ich seit Jahren Süß- und Meerwassertiere im Sommer im Freiland halte, wollte ich das auch mit den Blauaugen versuchen. Ich habe dafür ein 900-l-Becken verwendet, das seit Jahren im Freiland steht. Das Becken hat einen Überlauf mit seitlichem Ablauf durch eine Bohrung, der mit einem kleinen Filterbecken verbunden ist. Darin befindet sich ein Bodenfilter, auf dem eine Schicht Korallenbruch liegt, die wiederum mit einer Filterschwammmatte abgedeckt ist. Das Wasser wird mit einer kleinen 12-V-Pumpe über ein Steigrohr aus dem Bodenfilter abgesaugt und zurück in das Hauptbecken befördert. Der Überlauf im Hauptbecken wird mit einem Gitter oder einem Ablaufkorb gegen das Eindringen größerer Teile und insbesondere das Eindringen von Elterntieren geschützt. Direkt darüber wird eine blaue LED angebracht, die von einer kleinen Solarzelle mit Akkus und Dämmerungsschalter versorgt wird. Tagsüber lädt das Modul die Akkus, wird es dunkel, geht automatisch die LED an. Damit werden Jungtiere nachts zum Überlauf gelockt, über den sie dann in das Filterbecken gelangen, wo sie vor dem Zugriff der größeren Aquarienbewohner sicher sind. Vor dem Ansaugen durch die Rückförderpumpe sind die Jungtiere durch den o.g. Bodenfilteraufbau geschützt. Der Aufbau entstand eigentlich für die Zucht von Brackwassergarnelen (Palaemon varians) und Felsengarnelen (P. elegans) und funktioniert sehr gut. So konnte ich in einer Saison z.B. über 200 P. elegans aufziehen. Meiner Vorstellung nach, sollte das also auch mit den Pseudomugil cyanodorsalis klappen. Zusätzlich installierte ich einen selbst gebauten Schwamm-Innenfilter mit einer 20-W-Solarpumpe, die bei Sonnenschein durch ein 50-W-Solarmodul Strömung erzeugt. Später kam dann noch ein luftbetriebener Abschäumer dazu. Die "Deko" bestand aus totem Korallen- und Lochgestein, ein paar Wollmops und mehreren Buschen groben Filtermaterials (Eheim Fix), das gedacht war als Ablaichsubstrat und Jungfischschutz. Später wuchsen auch lange Fadenalgen. Hier der Überlaufkorb, umgeben von Eheim Fix:
WS1_2763.jpg
Die Freiland-Blauaugen:
Im Mai 2017 wagte ich es dann. Ich habe das Aquarium erst mit Leitungswasser befüllt, das ich zunächst nur leicht aufgesalzen habe.Nach ein paar Tagen setzte ich nach und nach die Fische ein. Und was soll ich sagen? Ich erkannte die Tiere nicht wieder! Sie sind (nochmals) gewachsen und zeigten Farben, wie ich sie im Kunstlicht noch nie gesehen habe. Die Vitalität war unvergleichlich. Sie balzten fast ganztägig und die Männchen imponierten in schönsten Farben mit extrem gespreizten Flossen. Vor allem im Licht der Morgensonne war das ein toller Anblick! Die Fische könne bis 5 cm hoch und 20 cm weit aus dem Wasser springen. Kam bei Sonnenschein durch die Solarpumpe Strömung auf, rotteten sich die Fische sofort zu einem Trupp zusammen und schwammen meist knapp unter der Oberfläche in Formation. Herrlich! Ganz allmählich gab ich weiteres Meersalz zu, bis schließlich die übliche Meerwasserdichte von 35 PSU erreicht war. Die Tiere zeigten keinerlei Unwohlsein, im Gegenteil kamen sie mir noch agiler vor und das blieb auch so. Auf dem folgenden Foto, das leider durch Phytoplankton stark eingetrübt ist, lässt sich verschwommen ein kleiner Schwarm erkennen:
WS1_2762.jpg
Sorgen machte mir aber anfangs die Temperatur. Ich wohne fast 500 m über NN und das ostbayerische Klima kann auch im Mai/Juni noch rau sein.Durch eine Kälteperiode fiel die Temperatur zeitweise auf 15° C und ich war mehrfach drauf und dran, die Fische wieder ins Haus zu holen. Das Tierwohl geht vor! Aber sie blieben putzmunter! Das gleiche war später bei gut 30° C der Fall, da drehten die Tiere erst richtig auf.
Die Fütterung:
Gefüttert wurde im Wesentlichen mit Artemianauplien und mit vielen Copepoden (Tigriopus californicus aus eigener Zucht). Allerhand Kleinzeug fiel sowieso in das Becken, obwohl es transparente Kunststoffabdeckungen zum Schutz gegen Regen und zur Vermeidung schneller Temperaturschwankungen hat. Gelegentlich gab es auch feines Staubfutter und aus meiner "Artemiawanne" schon etwas größere Artemien. Nachdem ich Phytoplankton – ebenfalls aus eigener Zucht – zugegeben hatte, grünte das Becken dauerhaft leicht bis stark ein und es vermehrten sich Brachionus plicatilis in Massen. Ich denke, das kam dem schließlich einsetzenden Zuchterfolg am Meisten zugute.
Die Jungfische:
Am 1. Juli entdeckte ich im Filterbecken die ersten Jungfische bei 20° C Wassertemperatur, wobei die größeren schon fast doppelt so groß waren wie die kleineren. Es muss sich also schon um unterschiedlich alte Tiere gehandelt haben. Bei genauerer Nachschau habe ich dann an der Wasseroberfläche des Hauptbeckens im planktontrüben Wasser noch eine ganze Gruppe Jungtiere entdeckt. Sie schwammen völlig frei und nicht in dem dafür vorgesehenen Eheim-Fix-Gestrüpp. Offensichtlich kommen in einem derart großen Becken (195 x 70 x 66) auch so Jungfische durch. Auch ohne besondere Fütterung hatten alle Jungtiere dicke Bäuchlein – den Rädertierchen sei Dank. Hier ein Bild von Jungfischen im Filterbecken, die weißen Pünktchen im Wasser sind Brachionus plicatilis:
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Das Abfischen:
Den Sommer über ging die Jungfischproduktion eigentlich recht gut weiter, wobei ich den Eindruck hatte, dass auch gewisse Pausen bei der Laichproduktion insbesondere in längeren Kälteperioden entstanden. Aber je größer die früher geborenen Jungfische wurden, desto weniger Winzlinge kamen durch. Sie wurden wohl zunehmend Opfer der älteren Geschwister. Vor allem in dem relativ beengten Filterbecken kamen ab einer gewissen Populationsdichte so gut wie keine Neuzugänge mehr durch, obwohl ich immer wieder die halbwüchsigen Fische in das Aquarium umsetzte. Allerdings kam mir die gebremste Vermehrung durchaus entgegen, denn Abnehmer für die Pseudomugil cyanodorsalis sind hier schwer zu finden und meine Überwinterungsmöglichkeiten sind begrenzt. Bei den ausgewachsenen Tieren war leider auch ein gewisser Schwund zu verzeichnen. Nachdem im September die Temperaturen insbesondere in den Nächten stark sanken, habe ich abgefischt, obwohl auch bei 15° C immer noch einzelne winzige Jungfische auftauchten. Ich konnte/musste rund 70 zum größten Teil halbwüchsige Fische ins Winterquartier verfrachten, wo sie nun verteilt auf mehrere Behälter (bei wesentlich geringerer Salinität) hoffentlich gut heranwachsen.
PC-01_01_18.jpg
Gruß
Wolfgang